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physik:kraft:newton

Newtons Gesetze

Die schönste Zusammenfassung darüber, was Kräfte sind und was sie verursachen, stammt von Isaac Newton. In wenigen Sätzen ist alles wesentliche gesagt. Der Anfänger denkt auch gleich, er habe alles verstanden, übersieht aber meist die Tragweite der Aussagen. Die folgende Aufstellung ist nicht die genaue Wiedergabe nach Newton. Danach folgen zu jedem Gesetz einige Erläuterungen.

  1. Gesetz (keine Kraft): Wirkt auf einen Körper keine Kraft, so bewegt er sich mit der immer gleichen Geschwindigkeit geradeaus weiter. (Die Geschwindigkeit kann auch 0 sein; das Wort geradeaus verliert dann seinen Sinn.)
  2. Gesetz (eine Kraft): Wirkt auf einen Körper genau eine Kraft, so ändert sich die Geschwindigkeit des Körpers. Von der Geschwindigkeit kann sich die Richtung und/oder der Betrag ändern.
  3. Gesetz (Actio = Reactio): Die Kraft auf einen Körper K kommt immer von einem anderen Körper A. Auf A wirkt aber eine ebenso große Kraft in Gegenrichtung, die von K herrührt.
  4. Gesetz (mehrere Kräfte): Wirken auf einen Körper mehrere Kräfte am gleichen Angriffspunkt, dann verhält sich der Körper genau so, als wirkte nur eine Kraft, die die sich als Vektorsumme der beteiligten Kräfte ergibt.

Erläuterungen

Zu 1:

Ein grundsätzliches Problem ist die Tatsache, dass alle Körper, die man aus dem täglichen Leben kennt, ein Gewicht haben. Schließlich befinden wir uns auf der Erde und diese zieht alle Körper in ihrer Nähe an. Außerdem gibt es bei jedem Bewegungsvorgang eine ganze Menge Reibung mit dem Untergrund oder der vorbeiströmenden Luft. Die Reibung mit dem Untergrund ist zudem umso größer, je stärker der Körper an den Boden drückt, also je größer sein Gewicht ist. Wie soll man sich da vorstellen können, was ohne Gewicht und Reibung passieren würde?

Aus diesem Grund stellt man sich am besten einen Körper weit weg von der Erde vor, der von nichts angezogen wird und der an nichts reibt - ein Steinklumpen im Weltall. Wollte man diesen beschleunigen so bräuchte man ebenfalls eine Kraft, aber nicht um irgendeine Reibung zu überwinden, sondern weil es eine grundsätzliche Eigenschaft aller Körper ist, dass sie nicht ohne weiteres ihre Geschwindigkeit ändern lassen. Alle Körper sind träge! (Wenn ein Körper übrigens einmal schnell ist, kostet es ebenfalls Kraft, ihn wieder langsamer zu machen.) Diese Trägheit nennt man auch Masse und misst man in Kilogramm. Ein Körper mit vielen Kilogramm muss also gar nichts wiegen. Viele Kilogramm zu haben, heißt nämlich eigentlich nur, dass es schwierig ist, seine Geschwindigkeit zu ändern.

Im täglichen Leben wird die Einheit Kilogramm aber fälschlicherweise dazu verwendet, um Aussagen über das Gewicht eines Körpers zu machen. Wenn einen also der Gedanke beschleicht, viel Masse bedeute in erster Linie, der Körper sei schwer, so erinnere man sich daran, dass das eine schlampige und falsche Gewohnheit aus dem täglichen Leben ist. (Diese Schlamperei ist jedoch sehr verständlich: Ein Körper, der doppelt so träge ist, wie ein anderer, ist nämlich immer auch doppelt so schwer wie der andere. Man kann also wirklich leicht auf die Idee kommen, dass viele Kilogramm viel Gewicht bedeuten. Merke jedoch: Masse steht in erster Linie einmal für Trägheit und nicht für Gewicht!)

Fazit: Wenn auf einen Körper keine Kraft wirkt, also auch keine Reibungskraft, was soll er dann schon tun? Nur nichts ändern, dafür besteht ja schließlich kein Grund! Also bewegt er sich mit der gleichen Geschwindigkeit geradeaus weiter, wie er es gerade eben auch getan hat. Oder er bleibt weiter in Ruhe, wenn er es gerade auch getan hat. Würde er nämlich langsamer oder schneller werden, so könnte er das ja schon wieder auf verschiedene Arten tun: Er könnte sich dafür Zeit lassen oder es abrupt tun. Und woran sollte es dann bitte liegen, ob es auf die eine oder andere Weise geschieht? Ohne Kraft bleibt also alles wie es ist, und das ist (nach meiner Zählung) das 0. Gesetz von Newton (er hat sich das als erster so ausgedacht). Einleuchtend oder?

Zu 2:

Ändert sich die Geschwindigkeit eines Körpers, so muss es dafür einen Grund geben, denn ohne weiteres bleibt sie ja nach dem ersten Gesetz gleich. Der Grund für die Änderung heißt Kraft. Wenn also der Körper (evtl. aus der Ruhe) in irgend eine Richtung schneller wird, dann muss in diese Richtung eine Kraft ziehen. Um langsamer zu werden, ist auch eine Kraft nötig, aber in die Gegenrichtung der Bewegung. Wirkt eine Kraft senkrecht zur momentanen Bewegung, so wird der Körper weder schneller noch langsamer, sondern ändert seine Richtung. Er wird abgelenkt. Da die Richtung aber zu den Eigenschaften der Geschwindigkeit gezählt wird, ist es korrekt, zu sagen, dass sich damit also auch die Geschwindigkeit ändert.

Aus der Mathematik wird übrigens folgende Denkweise übernommen. Wird ein nach links sich bewegender Körper langsamer, so sagt man auch, er wird nach rechts schneller. Betrachtet man die Welt nämlich so, dass rechts positiv zählt, so hatte der Körper erst viel negative Geschwindigkeit (z.B. -10m/s) und danach wenig negative Geschwindigkeit (z.B. -6m/s). Das ist eine Zunahme der Geschwindigkeit (hier um 4m/s). Mit dieser Betrachtungsweise kann man sich viel kürzer und präziser ausdrücken, als wenn man ständig Richtungen und Beträge in Worte fassen muss.

Aufgabe: Stellen wir uns ein Fahrrad vor, das (für Reparaturzwecke) mit den Rädern nach oben aufgestellt wurde. Das Hinterrad drehe sich sehr schnell und ein Steinchen im Profil löst sich irgendwann und fliegt waagrecht davon. Diskutiere die Kräfte auf das Steinchen. Das Steinchen bewegt sich zuerst einmal mit dem Rad, hat also Geschwindigkeit. Da sich die Richtung ständig ändert, sagen wir, dass sich auch die Geschwindigkeit ständig ändert (obwohl natürlich der Betrag der Geschwindigkeit gleich bleibt). Damit das Steinchen auf der Kreisbahn bleibt, braucht man eine Kraft. Ohne Kraft würde es sich ja geradeaus bewegen. Die Kraft kommt vom Reifengummi, der es festhält und auf die Kreisbahn zwingt. Dazu muss der Gummi das Steinchen ständig in Richtung der Radachse ziehen. So eine Kraft nennt man übrigens Zentralkraft, weil sie in Richtung eines Zentrums wirkt. Irgendwann löst sich das Steinchen vom Gummi, wird also nicht mehr auf die Kreisbahn gezwungen. Ab diesem Moment fliegt es geradeaus weiter (0. Gesetz) und zwar genau in der Richtung, die es in diesem Moment hat. Wenn das Steinchen waagrecht wegfliegt, so muss es sich also genau in dem Moment gelöst haben, als es ganz oben oder ganz unten war, denn nur dort ist seine augenblickliche Geschwindigkeit genau vorwärts oder rückwärts und nicht aufwärts oder abwärts. Diesen Gedanken sehen die meisten Menschen nicht leicht ein. Ein Versuch schafft aber Klarheit.

Zu 3:

Actio = Reactio:

Wenn ich vom Stuhl springe, werde ich nach unten beschleunigt, weil die Erde mich mit ca. 750N anzieht (warum sie das tut soll hier nicht interessieren). Das ist die Geschichte wie ich sie sehe. Die Erde wird aber genauso stark von mir angezogen und bewegt sich auf mich zu. Ja, tatsächlich, sie bewegt sich ein bisschen! Weil sie aber viel mehr Masse hat (oder anders ausgedrückt: weil sie viel träger ist) als ich, bin ich derjenige von uns beiden, der den größeren Weg zurücklegt. Bei lächerlichen 750N Zugkraft wird die Erde noch nicht fühlbar beschleunigt, ich schon. Wenn wir uns dann berühren, die Erde und ich, dann geht es nicht weiter, weil die Erdoberfläche und meine Fußunterfläche sich so nahe kommen, dass sie sich abstoßen. (Warum sie das tun, soll wieder nicht interessieren. Der Grund ist aber ein anderer, als die oben genannte Anziehung.) Der Erdboden drückt, nachdem ich zur Ruhe gekommen bin, mit 750N gegen meine Füße. (Der kurze Bremsvorgang beim Auftreffen ist ein klein bisschen komplizierter und hier nicht wichtig.) Meine Fußballen sind dadurch leicht verformt. Aber diese drücken ebenso stark gegen den Boden und der ist dadurch auch verformt. Außerdem ist mir die Kraft gegen meine Fußballen hoch willkommen. Ohne sie würde mich die Erdanziehung nämlich immer mehr in Richtung Erdmittelpunkt beschleunigen. Der Erde kann es auch recht sein, dass sie von meinen Füßen gehindert wird, den immer noch wirkenden 750N Anziehungskraft zu folgen. 750N sind zwar nicht viel, aber bei sehr langer Dauer würden sie die Erde eben doch beschleunigen.

Zu 4:

Wenn mehrere Kräfte am gleichen Punkt eines Körpers angreifen, kann der Körper trotzdem nicht in mehrere Richtungen beschleunigt werden. Mehrere Kräfte am gleichen Punkt verhalten sich also wie eine Gesamtkraft, die sogenannte Resultierende. Wie findet man aber diese Resultierende? Versuche zeigen, dass sich Kräfte wie Vektoren verhalten. Was das heißt, soll hier kurz erklärt werden:

  • Wenn beide Kräfte nach links ziehen, ist das Ergebnis eine Kraft nach links, die so stark ist, wie die Summe der beiden Einzelkräfte.
  • Wenn die eine Kraft nach links zieht und die andere um 1N stärker nach rechts, ist die Resultierende eine Kraft von 1N nach rechts. (1N ist die Abkürzung von 1Newton, also der Einheit der Kraft.)
  • Wenn eine Kraft nach links zieht und die andere gleich stark nach rechts, ist das Ergebnis dasselbe, wie wenn gar keine Kraft wirken würde. Der Körper bewegt sich also mit der Geschwindigkeit weiter, die er vorher schon hatte.
  • Wenn man also Kräfte darstellt als Pfeile, deren Längen aussagen, wie stark sie sind und deren Richtungen aussagen, in welche Richtung sie ziehen, so muss man diese Pfeile nur (Fuß an Spitze) aneinander setzen und sehen, wo die letzte Spitze endet. Die Resultierende ist ein Pfeil, der beim Fuß des ersten Pfeiles beginnt und bei der Spitze des letzten endet.

Kräfte treten natürlich nicht nur waagrecht auf, sondern in allen drei Raumrichtungen. Die Methode mit den Pfeilen bleibt aber auch dann richtig. Deswegen sagt man: Kräfte sind Vektoren. Der folgende Abschnitt vertieft den umgang mit dieser Denkweise.

Darstellung von Kräften

Wenn man Bilder von Kräften zeichnet, so muss man mehrere Stufen der Abstraktion unterscheiden. Am anschaulichsten ist eine Art fotographische Darstellung, in der man noch alle Beteiligten mit Stangen und Seilen dran sehen kann. Dieses Bild sollte man stets im Kopf behalten, denn man bekommt damit schon eine Ahnung davon, in welche Richtung die Kräfte wirken und wie stark. Außerdem kommt man da noch nicht auf die Idee, dass etwa ein langes Seil für eine große Kraft steht - ein Denkfehler, den viele Schüler immer wieder machen. Die Länge von Stangen und Seilen sagt nichts darüber aus, wie groß die wirkenden Kräfte sind!

Statt eines tatsächlichen Fotos verwendet man als Einstieg meist ein bereinigtes Bild, in dem man den Körper, an dem die Kräfte wirken als grünen Punkt zeichnet und die Kräfte als Pfeile an diesem Punkt. Eine Pfeilrichtung zeigt dabei schon an, in welche Richtung die Kraft wirkt, die Länge des Pfeils gibt an, wie stark die Kraft ist. Hier kommen die ersten Missverständnisse auf, weil die Richtung eines Pfeils die gleiche ist, wie etwa die Richtung des Seils, das die Ursache der Kraft ist. Die Länge des Pfeils ist aber nicht die Länge des Seils, sondern die Stärke der Kraft (man sagt auch: ihr Betrag). Diese Art von Bild wird im folgenden immer ein Situationsbild genannt.

Das Bild, das zur Ermittlung des Ergebnisses dient, nennen wir Rechenbild. Darin gibt es auch immer einen Punkt, aber dieser ist rot und steht nicht für den Körper, an dem die Kräfte angreifen, sondern für den Anfang der Kräftebetrachtung. Er ist damit immer der Anfang des Kraft- Ergebnispfeils, der sogenannten Resultierenden. Die beteiligten Einzelkräfte müssen hierzu aneinander gelegt werden. Man fängt mit einem beliebigen Pfeil an und setzt alle weiteren (ebenfalls in beliebiger Reihenfolge) Fuß an Spitze. Der Ergebnispfeil beginnt dann beim Fuß des ersten und endet bei der Spitze des letzten Pfeils.

Betrachten wir als Beispiel einen Schlitten, an dem ein Elch 1000N stark nach Norden zieht und ein Hund 300N stark nach Osten. Das linke Bild ist das oben erwähnte Situationsbild, das rechte das zugehörige Rechenbild. Die Kräfte von Elch und Hund können übrigens nachträglich verändert werden (Mausmenü). Der angegebene Winkel wird hier von der positiven x-Achse aus gemessen, also von Osten. Der Hund zieht also im Winkel 0°, der Elch im Winkel 90°. Die beiden zusammen ergeben als Gesamtkraft nicht 1300N, sondern nur 1044N und zwar in die Richtung des roten Pfeils. In diese Richtung wird der Schlitten beschleunigt.

Zum spielerischen Weiterdenken soll nun nach Anwählen von „Menü: Maus>Bewegen“ die Kraft des Hundes so verändert werden, dass als Gesamtkraft einmal 1200N nach Norden und einmal 800N nach Norden heraus kommen. Beachte dabei, wie sich das Rechenbild verändert. Diese beiden Fälle hättest du sicher auch ohne die Sache mit den Pfeilen gewusst. Lasse auch einmal beide Tiere gleich stark in eine beliebige Richtung ziehen oder gleich stark in entgegen gesetzte Richtungen. Beobachte dabei das Rechenbild aufmerksam! Bei welcher Situation erhält man den Null-Pfeil als Ergebnis?

Null-Ergebnis

In vielen Anwendungen des täglichen Lebens haben mehrere Kräfte auf einen Körper zusammen das Ergebnis 0. Das erkennt man daran, dass sich der Körper entweder gar nicht bewegt oder mit konstanter Geschwindigkeit geradeaus. (Ja, auch in diesem zuletzt genannten Fall ist die Gesamtkraft 0! Nerve deinen Lehrer, bis du das problemlos einsiehst!) Nehmen wir als Beispiel eine Seiltänzerin (grün), die auf einem Seil steht, obwohl die Erdanziehung sie nach unten zieht. Warum fängt sie nicht an, schneller und schneller nach unten zu sausen? Weil die Erdanziehung nicht die einzige Kraft ist, die auf sie wirkt. Es ziehen ja auch noch die beiden Seilstücke (blau und hellblau)! Alle drei Kräfte zusammen ergeben Null. An den beiden Seilstücken kann man nur ablesen, in welche Richtung sie ziehen, aber nicht, wie stark: Deshalb sind im linken Bild noch keine Pfeile eingezeichnet, denn das würde den falschen Eindruck erwecken, die Kräfte seien bekannt. Da als Ergebnis aber 0 herauskommen muss (der rote Pfeil ist nur ein Punkt), ergibt sich die rechte Zeichnung und aus dieser kann man die Längen der Pfeile (Beträge der Kräfte) entnehmen.

Das Gewicht der Tänzerin und die Aufhängepunkte der Seilstücke sind nachträglich veränderbar. Ändere so gut wie möglich die Längen der Seile (genauer „Seilstücke“, aber das ist nicht wichtig) ohne ihren Winkel zu verändern. Das Rechenbild wird sich nur ändern, wenn du die Winkel änderst, denn die Längen der Seile sagen nichts über die Kräfte an den Seilen aus. (Die Winkel werden übrigens wieder von der positiven x-Achse aus angegeben.) Beachte, dass im Rechenbild die Richtungen der Pfeile exakt die gleichen sind wie die Richtungen der Seile! Ändere die Richtungen der Seile und beobachte, wie sich die Kräfte ändern: Je gerader das Seil, desto größer die Kräfte. Und nun der wichtigste Auftrag: Löse diese Aufgabe selber auf dem Papier. Gegeben ist dabei nur das Gewicht der Tänzerin und die beiden Richtungen der Seile. Die beiden Kräfte sind danach aus der Zeichnung ermittelbar. Du wirst Schwierigkeiten mit Maßstab und Winkeln haben. Überwinde sie durch ausreichendes Nachdenken!

Ein vertiefender Text zu diesem Sachverhalt sollte auf Papier ausgedruckt und bearbeitet werden.

physik/kraft/newton.txt · Zuletzt geändert: 2013/08/14 09:43 von admin